2004 hatten wir uns das Ziel gesetzt, die CO2-Emissionsempfehlungen des Umweltbundesamtes für 2030 für die Personen in unserem Haushalt zu erreichen. Das vorerst letzte Arbeitspaket beschäftigte sich mit dem Baustein Mobilität: Ab 2004 waren im Haushalt ein SMART ForTwo CDI und ein VW Passat Kombi TDI im Einsatz und verursachten gemeinsam mit öffentlichen Verkehrsmitteln stabil zwei Tonnen CO2-Emissionen im Jahr.
Mitte 2015 bin ich auf ein E-Bike umgestiegen, um dem täglich schlimmer werdenden Stau auf meinem Weg zur Arbeit zu entgehen. Damit sparte ich rund 4000 km jährliche Wegstrecke mit dem SMART – sowie CO2, das Fitnessstudio und Nerven. Nachdem unsere Kinder ihre Führerscheinprüfungen bestanden, ausreichend auf den beiden PKW trainiert und ihre eigenen Haushalte gegründet hatten, beschlossen wir, uns Anfang 2018 von unserem Passat zu trennen. Der Verbrauch war zwar ok, aber die Kosten für Steuer, Versicherung und allerlei Wehwehchen in den letzten Jahren summierten sich langsam. Wir wollten gezielt umsteigen und uns ausreichend Zeit für eine Entscheidung nehmen.
Wunsch und Wirklichkeit
Wir suchten wieder einen Kombi, kleiner und leichter als der Passat, mit niedriger Ladekante, ebener Ladefläche, zu einem Budget von etwa 30.ooo Euro. Natürlich stand auch bei uns zunächst Elektro auf der Wunschliste. Mit der Inbetriebnahme einer eigenen PV-Anlage auf dem Dach hatten wir von einem Elektroauto in der Garage als Stromspeicher für das Haus geträumt. Zwischen unserem Haus und der Garage liegen 15 Meter Garten, ein öffentlicher Weg und ein Garagenhof in Gemeinschaftseigentum. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für eine mittelfristige Lösung. Zudem fand sich kein Fahrzeug mit passender Infrastruktur und keines der gängigen Modelle war für unsere Bedürfnisse alltagstauglich oder bezahlbar.
Gleichzeitig weckten unsere Nachforschungen zum Thema Akku Zweifel an der Umweltverträglichkeit und einem schonenden Umgang mit den weltweiten Ressourcen. Wie wir auf CNG gekommen sind, kann ich heute nicht mehr genau sagen. Aber die Stadtwerke München mit ihrem Angebot an Biomethan und die Nähe der Tankstellen zu unseren regelmäßigen Fahrrouten hatten sicher einen erheblichen Anteil. Wir haben den Ansatz aufgegriffen, uns bezüglich der Quelle des Biomethans erkundigt und nach Fahrzeugen gesucht. Das Verfahren von VERBIO mit der Vergärung von Reststoffen wie Stroh zu Biomethan hat uns überzeugt; die Möglichkeit, das deutsche Erdgasnetz als Speicher zu verwenden, begeistert.
CNG aus Bomethan – die Trumpfkarte
In der Folge erschien uns der EU-Ansatz, nur die Emission am Auspuff zu bewerten, als zu kurz gedacht. Aus vielen Internetartikeln und Studien haben wir uns daher unsere eigene Lebenszyklusanalyse für Auto und Kraftstoff erstellt. CNG mit Biomethan hat dabei klar besser abgeschnitten als alle anderen Technologien – bei deutlich geringeren Kosten in Anschaffung und im Betrieb. Inzwischen haben z. B. der Deutsche Alpenverein und der ADAC unsere Ergebnisse bestätigt. Also alles richtig gemacht. Zudem noch den Ausstoß von NOx und Feinstaub drastisch reduziert. Keine dreckigen Hände beim Tanken und im Betrieb völlig geruchlos. Auch das häufig angebrachte Argument des Einfahrtverbots in Parkhäusern erwies sich als Gerücht. CNG ist leichter als Luft und würde sich im Gegensatz zu dem weiter verbreiteten LPG verflüchtigen. Die Nutzungsbeschränkung gilt, wenn überhaupt noch, für LPG.
Gesucht, gefunden, gekauft.
Das Fahrzeugangebot war und ist überschaubar, aber ein Fahrzeug entsprach nach Papierlage genau unseren Kriterien. Einen SEAT LEON ST für eine Probefahrt zu bekommen war kein Problem, mit CNG-Antrieb aber unmöglich. Immerhin, der LEON hat uns überzeugt und da wir keine übermäßigen Ansprüche an Motorleistung, Durchzugsvermögen oder Beschleunigung hatten, fiel die Entscheidung für den LEON ST mit CNG.
Mit fertiger Konfiguration ging es zum nächstgelegenen SEAT-Händler und wir bestellten 1:1. Für den Verkäufer war dies eine Premiere und ist es bis heute geblieben. Beratung haben wir nicht erwartet und hätten wir auch nicht bekommen. Die große Volkswagen-Kampagne zu CNG ist auch heute nicht flächendeckend bei den Händlern angekommen. Ein paar herausragende Autohäuser mal ausgenommen.
Dank Diesel-Prämie, Markenwechsel, Umweltprämie und Motorenwechsel-Nachlaß durften wir Anfang 2018 einen Kaufvertrag über knapp 21.ooo Euro unterzeichnen. Drei Monate später stand der LEON mit vollem Gastank, aber ohne einen Tropfen Benzin bei unserem Händler. Unsere Entscheidung haben wir bis heute nicht bereut. Der LEON fährt sich mal sparsam, mal sportlich, immer unaufgeregt und leise, mit einem hervorragend abgestimmten DSG. Sein Platzangebot hat uns durch zwei Umzüge der Kinder begleitet. Mit einem realen Durchschnittsverbrauch von 4 kg CNG auf 100 km nach 15000 km liegen wir leicht unter unserer ursprünglichen Prognose von 4,2 kg/100 km. Mit etwas Planung haben wir es im ersten Jahr geschafft, zum einen nur Biomethan zu tanken und zum anderen nie auf die Benzinreserve zurückgreifen zu müssen. Bei jedem Tankvorgang verwendet die Motorsteuerung für ca. 2 km Benzin, um Leitungen, Pumpen und Düsen zu spülen. Nach ca. einem Jahr haben wir daher mal 5 Liter Benzin getankt, um die Warnlampe der Tankreserve abzustellen. Trotz des etwas teureren Biomethans liegen unsere Kraftstoffkosten bei ca. 4,60 €/100 km, Versicherung und Steuer kosten in Summe etwa 414 Euro pro Jahr.
Zusammen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln liegt unser CO2-Ausstoß heute bei ca. 0,5 Tonnen pro Jahr. 0,1 Tonnen kommen dabei aus dem ÖPNV und dem Bio-CNG, den Rest verursachen noch die jährlich 3000 km mit dem SMART.
Zur Person:
Stephan Schober lebt bei München und arbeitet als IT-Spezialist in der Luftfahrtindustrie. Er beschäftigt sich beruflich mit der Optimierung logistischer Prozesse und der Bereitstellung optimaler Softwarelösungen. Seit 2004 engagiert sich die ganze Familie in der stetigen Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks und einem verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Die Entscheidung und Überzeugung für die CNG-Mobilität trägt er auch gerne, zusammen mit seiner Frau Sabine, öffentlichkeitswirksam nach außen und stellte sich u. a. für Reportagen des Bayrischen Rundfunks zur Verfügung.