Der Denkansatz der Clean Vehicles Directive (CVD) geht in die richtige Richtung. Jedoch gibt es ein klares „Aber“. So verfolgt diese Richtlinie zwar das klimapolitisch richtige Ziel – nämlich die ÖPNV-Busflotten in den kommenden Jahren weitestgehend auf emissionsfreie Antriebe umzustellen –, eine Reduktion der Treibhausgase ist laut Logik der Richtlinie jedoch immer nur dann gewährleistet, wenn es sich um elektrische Busse handelt, die zum Antrieb auf die Energieträger Strom aus regenerativen Quellen und grüner Wasserstoff zurückgreifen. Genau hier setzt unsere Kritik an: Warum muss die CVD eine Zwangsverordnung für E- und Wasserstoff-Busse sein? Warum hat man hier nicht offensiv und stark die zukunftsweisenden, kostengünstigen Möglichkeiten für alternative Kraftstoffe, allen voran unser klimafreundliches BioCNG, das aus Abfall- und Reststoffen wie Bioabfall, Mist, Gülle oder Klärschlamm hergestellt wird, hingewiesen und einbezogen? Warum werden horrende Kosten für die Umstellung von Diesel- auf E-Mobilität einfach sang- und klanglos hingenommen, wenn es bereits heute überzeugende Alternativen wie BioCNG gibt? 

Die Kosten, die die Zwangsumstellung auf E-Bus-Mobilität für den Steuerzahler nach sich zieht, sind jedenfalls schwindelerregend. Hier kursiert die Zahl von 24 Milliarden Euro für den bundesweiten Switch des ÖPNV auf E-Busse. Dabei sind die unbestreitbaren Vorteile von BioCNG auch für die Busflotte bekannt und stehen unverrückbar fest: So kann BioCNG bereits jetzt kostengünstig in herkömmlichen Verbrennungsmotoren genutzt werden. Außerdem ist sein Einsatz etwa im Vergleich zu Wasserstoff wesentlich günstiger. Zudem ist heutzutage Wasserstoff überwiegend "grauer" Wasserstoff aus fossilem Erdgas hergestellt. Macht sowas Sinn?


ÖPNV und E-Mobilität: versagt – nicht mehr finanzierbar
Insgesamt lautet das Urteil für das Ergebnis der Richtlinie, die als „Gesetz über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge“ als deutsches Gesetzt festgeschrieben ist: „Versagt – nicht mehr finanzierbar“. Was ist passiert? Bisher wurden die Verkehrsbetriebe vor dem Hintergrund der CVD-Richtlinie bei der Umstellung ihrer Diesel-Busse auf E-Busse von der Bundesregierung unterstützt. Doch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im vergangenen November, wonach ein umstrittenes Haushaltsmanöver der Ampelkoalition gestoppt und die Verlagerung von 60 Milliarden Euro aus ungenutzten Corona-Krediten in den Klima- und Transformationsfonds für verfassungswidrig erklärt wurde, ist nun offensichtlich kein Geld mehr im Haushalt für diese Zwecke da. Es werden nurmehr laufende Förderanträge durch den Bund abgearbeitet.

Die CVD-Zwangsrichtlinie – ein Teufelskreis
Damit wird das Problem auf die Länder und Kommunen abgeschoben, die es jetzt richten sollen. Da jedoch den Großstädten und kleineren Gemeinden ohnehin in Sachen Geld das Wasser bis zum Hals steht und diese die klaffende Lücke nicht allein füllen können, ist die Frage, wie es weitergeht. Schließlich startet 2026 die zweite Periode der CVD mit noch höheren Anforderungen. Nach 2030 sollen zudem die CO2-Flottengrenzwerte der EU für schwere Nutzfahrzeuge so verschärft werden, dass laut „CVD-Deklination“ 90 Prozent der Stadtbusse rein batterieelektrisch oder mit Brennstoffzelle und Batterie fahren müssen.

Ein Teufelskreis also, diese EU-Richtlinie: Die Verkehrsbetriebe setzen wegen fehlender Förderungen und Finanzierung die Bestellung von E-Busse aus (wie mir gegenüber von mehreren Betreibern bestätigt wurde), die Industrieproduktion bricht ein, die Verkehrsbetriebe müssen ihr Angebot (Beispiel Wiesbaden) kürzen, die Verkehrswende auf E- und Wasserstoff-Mobilität funktioniert nicht. Kurzum: Für E-Busse beispielsweise, die doppelt so teuer sind wie vergleichbare Diesel, kann die Rechnung für die Verkehrsbetriebe angesichts der gestoppten Förderungen nun nicht mehr aufgehen. Der Frust angesichts der Tatsache, dass beim Wechsel von Diesel zu Elektro quasi „die Banane beim Kunden reift“, ist riesig. So hat sich selbst Ingo Wortmann, Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und Chef der Münchener Verkehrsgesellschaft, unlängst das nachfolgende Zitat einfach nicht verbeißen können: „Wir nehmen unser kostengünstigstes Betriebssystem mit ausgereifter Technik und tauschen es aus gegen ein System mit Kinderkrankheiten und erheblichen Investitionskosten. Unsere Elektrobusse in München haben jedenfalls Kinderkrankheiten“, konstatiert Ingo Wortmann.


Das Nonplusultra: Biogas-Busse für Augsburger Stadtwerke
Die fatalen Folgen der CVD sind schon jetzt unübersehbar. Zu den traurigsten Beispielen zählen die Stadtwerke Augsburg. Diese haben bereits seit 2011 ihre Busflotte mit CO2-neutralem Biogas betrieben. Doch jetzt müssen die Stadtwerke quasi zwangsverordnet einen Schlussstrich unter diesen umweltfreundlichen Antrieb ziehen und werden nun langfristig auf E-Busse umstellen. Dabei war die Stadt der Fugger seinerzeit klarer Vorreiter beim Aufbau ihrer mit BioCNG betriebenen Busflotte sowie selbst Fan, aber auch Multiplikator dieser Busse, die in Sachen Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit stets Wort hielten. Und warum jetzt dieser Paradigmenwechsel? Ganz klar: Es grassiert die Angst vor einer sich weiter verschärfenden CVD-EU-Richtlinie. Zudem wird befürchtet, dass es künftig keine Hersteller mehr für mit Biogas betriebene Busse gibt. Und was das alles für die Kunden des ÖPNV heißt, ist niederschmetternd. Denn, so die Einschätzung der Augsburger Stadtwerke, durch die Umstellung auf E-Busse werden die Preise für die Kunden ganz sicher steigen.

Update 26.04.2024:
Weg von Biogas: Die Stadtwerke sind stolz auf ihre Biogasbusse, mit denen sie schon seit 30 Jahren klimaschonend in Augsburg unterwegs sind. Doch wegen gesetzlicher Vorgaben wollen und müssen die Stadtwerke künftig auf Elektrobusse umstellen. Und während ein Biogasbus in sieben Minuten neu betankt ist, braucht ein E-Bus derzeit noch rund fünf Stunden Ladezeit. Die Stadtwerke kritisieren, dass die Förderung von Bussen mit emissionsfreien Antrieben wie dem E-Bus derzeit völlig unzureichend sei.

SWA CNG-Bus - Bild: Wolfgang Specker
Bild: Wolfgang Specker
 

Leuchtturmprojekt: Thüringen favorisiert BioCNG Busse
Eine Firma, die hier Nägel mit Köpfen macht und aus der CVD-EU-Richtlinie das Bestmögliche in puncto Kosten, Effizienz und Klimaschutz herausgeholt hat, ist das Thüringer Verkehrsunternehmen KomBus. KomBus Saalfeld, die bereits zwischen 2000 und 2016 auf CNG-Busse gesetzt hat, hat nämlich jetzt wieder 15 Busse mit CNG-Antrieb am Start. Bis Ende 2024 sollen es 40 sowie in den darauffolgenden Jahren je nach politischen Rahmenbedingungen ganze 110 BioCNG-Busse sein. Stark unterstützt haben die klimafreundliche Mobilität der Saalfelder Verkehrsgesellschaft auch zwei CNG-Club-Mitglieder.
 

Ohra-Tankstelle Bus


So betreibt der Thüringer Versorger Ohra Energie auf dem Betriebsgelände von KomBus die neue, innerhalb nur weniger Monate gebaute BioCNG-Tankstelle und Noordtec war für Planung, Tankstellentechnik und -errichtung zuständig – ein absolutes Winning-Team und Steilvorlage für zukunftsorientierte Mobilität aus einem Guss mit rasantem Tempo. Das Leuchtturmprojekt zeigt, dass BioCNG Siegerqualitäten nicht nur hinsichtlich Klimafreundlichkeit besitzt, sondern dass es auch ein Musterschüler in puncto Kosteneffizienz und Wirtschaftlichkeit ist. In diesem Sinne: Lassen Sie uns weiter gemeinsam beherzt für eine starke Zukunft mit BioCNG kämpfen. Schritt für Schritt. Seien Sie sich bewusst: Jeder Tropfen höhlt den Stein. Wir dürfen daher nie in unserem Engagement pro BioCNG nachlassen. Danke!

Fazit: Wenn der ÖPNV zukünftig bezahlbar und massentauglich bleiben soll, geht kein Weg an einer Änderung der CVD vorbei.

Zur Person:
Birgit Maria Wöber ist u.a. Gründungsmitglied des CNG-Clubs und setzt sich seit vielen Jahren aus Überzeugung für Umwelt, Klimaschutz und möglichst nachhaltige Mobilität ein. Den Wandel im CNG-Antrieb vom fossilen zum regenerativen Kraftstoff begleitet die Expertin aktiv und engagiert, wo immer sich die Gelegenheit bietet.