In der Diskussion um die Besteuerung von Agrardiesel gibt es leider zu wenige positive Gedanken und Anregungen. Der vermeintlich billige Treibstoff Diesel gilt hier anscheinend als Naturgesetz, seit Jahrzehnten bestehende Alternativen in der Landwirtschaft wie z.B. regional bzw. selbst erzeugtes Biomethan hat man einfach "vergessen".
Die ersten Biomethantraktoren wurden schon in den 1980er Jahren von der Universität Hohenheim an einer Pionierbiogasanlage in der Nähe von Stuttgart wissenschaftlich und praktisch erfolgreich getestet. Bis dann solch ein Traktor auf den Markt kam, zogen allerdings fast 40 Jahre ins Land. Nun gibt es seit September 2021 von New Holland den ersten praxistauglichen Biomethan-Traktor in Serie. Mit bis zu 60 kg CNG im Tank hat dieses landwirtschaftliche Fahrzeug dieselbe Reichweite wie ein dieselgetriebenes und muss bei einem Arbeitstag auf dem Feld nicht nachgetankt werden. Von Vorteil ist außerdem, dass das eingesetzte BioCNG durch den strikt monovalenten CNG-Motor effizienter zur Verfügung steht.
Umweltvorteile, Klimanutzen, Kreislaufwirtschaft
Der Einsatz von emissionsarmem BioCNG verringert den Partikelausstoß um bis zu 98 %, die Stickoxide um 62 % und die Gesamtemissionen um bis zu 80 %. Gleichzeitig gibt es immer mehr Techniken und Konzepte für kleine Hoftankstellen, welche schon ab einem Biomethanfluss von 5 m³/h wirtschaftlich darstellbar sind. Damit lassen sich 1-2 Hoftraktoren sowie externe LKW und Privatfahrzeuge mit BioCNG betanken, um die produzierte Kraftstoffmenge an der Tankstelle vollständig abzunehmen. Das so erzeugte BioCNG kann über nachhaltige Substrate wie Mist und Gülle, Pflanzenreste, Pflegegras und Zwischenfrüchte sogar mit einem deutlich negativen CO2-Abdruck auftrumpfen. Zusätzliche klimapositive Effekte werden durch die weitere Nutzung der Gärreste als Dünger sowie den Humusaufbau über Zwischenfrüchte erzielt.
Praxiswissen statt Ideologie
Leider wird in der Tank-Teller-Diskussion heutzutage immer noch unterstellt, dass dringend benötigte Nahrungsmittelfläche deshalb zum Anbau von ineffizienten Energiepflanzen missbraucht würde. Das mag unter Energiemengen-Aspekten stimmen, jedoch vergisst man dabei die zusätzliche Wirkung eines nachhaltigen Zwischenfruchtanbaus, die fossilfreie Düngung, die Energiespeicherung und die Steigerung der Biodiversität. Denn um Bodenermüdung zu vermeiden, sind entsprechende Fruchtwechsel z. B. bei Brotweizen unabdingbar. Kann eine Zwischenfrucht neben ihren positiven Effekten auf den Boden nun noch wirtschaftlich zur eigenen Kraftstofferzeugung genutzt werden, öffnet dies der Landwirtschaft eine echte Perspektive.
Hausaufgaben für die Politik
Diese Optionen sind durch die fehlgeleitete Politik der letzten Jahre immer unwirtschaftlicher geworden. Bei Pflanzenöl hat man schon vor 15 Jahren die Vollbesteuerung eingeführt und damit eine aufstrebende Industrie abgewürgt. Bei Biomethan wird die graduelle Umsetzung der Vollbesteuerung bis 2026 gerade vollzogen. Somit sind klimafreundlicheres Biomethan und Pflanzenöl gegenüber fossilem und noch begünstigtem Agrardiesel signifikant benachteiligt. Wenn die Politik wirklich sofort etwas zur Kostenentlastung und zur CO2 Reduzierung in der Landwirtschaft bewirken will, stehen Biomethan et al. zur Verfügung. Die Anwendung dieser Alternativen lässt sich leicht durch eine entsprechende Besteuerung, Bürokratieabbau und vor allem verlässliche Rahmenbedingungen lenken. Notwendige Investitionen müssen sich dauerhaft rechnen, für hofeigenes Biomethan und BioCNG die Vergütungen über die THG-Quote stimmen. Doch zuletzt sind diese nahezu eingebrochen, weil seit dem Verbot von palmölbasiertem Biodiesel plötzlich billige Bioenergie-Importe aus China – vermutlich aus lediglich umgeleitetem Palmöl – den europäischen Markt fluten. Trotz zweifelhafter Zertifizierungen und fehlender Kontrollmöglichkeiten praktisch ohne Konsequenzen, hinzu kommt noch ein Zuständigkeitschaos zwischen Bundesministerien und EU. Das untergräbt nicht zuletzt die Rentabilität neuer hofeigener Biomethan-Vermarktungskonzepte. Dabei könnten – neben der wachsenden Modellpalette alternativ angetriebener Traktoren verschiedener Leistungsklassen – sogar existierende Traktoren durch verfügbare Umrüstsätze technisch sofort auf Biomethan im Zündstrahlverfahren umgerüstet werden. Eine entsprechende Kraftstoffzulassung der EU steht noch aus. All diese Maßnahmen würden eine echte Entlastung für Umwelt und Geldbeutel in der Landwirtschaft bewirken – und dort einen wichtigen Baustein für eine nachhaltige Zukunft schaffen.
Zur Person:
Michael Köttner ist Diplom-Agrarbiologe und ausgebildeter Landwirtschaftsmeister. Seit über 30 Jahren beruflich mit Biogas- und Bioenergietechnologien befasst war er in Deutschland, Europa, sowie u. a. In Chile, Türkei, Kanada und Südafrika tätig. Seit 2000 führt er als CEO und Senior-Expertenberater das Internationale Biogas- und Bioenergiekompetenzzentrum IBBK. Mit CNG fährt er seit 2007 aus Überzeugung – aktuell einen VW Caddy Maxi TGI und Mercedes E200 Natural Gas.