Groß war meine Hoffnung, dass die Bundesregierung im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets auch zugleich allumfassend den European Green Deal mit anschiebt, um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen. Stattdessen Ernüchterung: eine Kaufprämie ausschließlich für Elektroautos und damit eine generelle Verteufelung von Verbrennungsmotoren, egal, ob fossil oder regenerativ wie bei CNG mit Biomethan. Die Versteifung einzig und allein auf Elektroantriebe in der öffentlichen und politischen Diskussion ist jedoch dem schlussendlichen Ziel einer nachhaltigen Mobilität absolut nicht dienlich – im Gegenteil. Hier wurde wieder einmal eine klare Chance vertan, den CNG-Antrieb als wegweisenden „grünen Verbrenner“ und damit endlich als echte Alternative für eine nachhaltige Zukunft zu positionieren sowie in den Köpfen der Menschen zu etablieren.
Mit CNG hat der Autofahrer bereits heute die überzeugendste Technologie für morgen
Mit den existierenden „grünen Verbrennern“ haben wir die beste Technologie überhaupt. CNG betriebene Verbrennungsmotoren sind umweltfreundlich, kostengünstig, verbraucherfreundlich. Schon jetzt beläuft sich der Anteil von klimaneutralem, regenerativem Biomethan im Kraftstoff auf nahezu 50 Prozent – schon jetzt bietet mehr als die Hälfte aller CNG-Tankstellen in Deutschland Biomethan an – alles enorm wichtige Bausteine bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen und hin zur vollständigen Klimaneutralität. Es muss endlich Schluss sein mit einer pauschalen Verteufelung des Verbrenners! Das Know-how, das das Autoland Deutschland im Laufe von Jahrzehnten bei der Entwicklung und Produktion von Verbrennungsmotoren erworben hat und das Land zu einem der automobilen Weltmarktführer gemacht hat, kann weiter hervorragend genutzt werden. Doch die Politik und Wirtschaft hat diese Tatsache nicht mehr auf dem Schirm. Die Zeche muss wieder einmal der Steuerzahler mit Arbeitsplatzverlust und höhere Steuer bezahlen!
Nicht alle Verbrenner in einen Topf werfen!
Aber wie sieht die Realität stattdessen aus? Der Imageschaden, den der Diesel in jüngster Zeit erlitten hat, und die Tatsache, dass Benzin und Diesel als nicht zukunftsträchtig gelten, geht automatisch auch auf den klimaneutralen, regenerativen CNG-Antrieb über – und das völlig zu Unrecht. Das muss sich jetzt endlich ändern! So bestätigen immer mehr Studien, dass der Autofahrer nach umweltfreundlichen Antrieben sucht, indes das E-Auto nicht auf seiner Shoppinglist steht. Und das, obwohl der Elektroantrieb in den Himmel gelobt, massiv mit Milliarden Steuergeldern subventioniert und dem Autofahrer immer wieder aufs Neue als Allheilmittel präsentiert wird. Dass die Sachverhalte in punkto E-Mobilität jedoch deutlich differenzierter betrachtet werden müssen, offenbart ein genauerer Blick auf den Ist-Zustand dieses hochpolitischen Themas. Denn dann hat das Bild der schönen, neuen Elektroautowelt nämlich gewaltige Risse: Es ist nach wie vor kaum eine ausreichende Infrastruktur an Ladesäulen vorhanden, die wiederum aus Steuergeldern errichtet werden muß. Hinzu kommen die hohen Anschaffungspreise, durch die auch eine Kaufprämie die E-Mobile nicht massentauglich machen wird. Reichweite, Ladekapazitäten, das Recycling der Batterien, technische Aspekte wie unterschiedliche Steckeranschlüsse, Ladekarten- und Abrechnungschaos und lange Ladezeiten sind weitere Herausforderungen, denen sich die Elektromobilität erst noch stellen muss.
Well-to-Wheel-Analyse offenbart klar die Schwächen von E-Autos
Mit der größte Haken aber ist die Klimabilanz: Zwar kommen E-Autos auf dem Papier teils besser weg als CNG-betriebene Fahrzeuge, obwohl letztere erwiesenermaßen die beste Klimabilanz aller Antriebsarten vorweisen können. Aber das liegt nur daran, dass man bei batteriebetriebenen Fahrzeugen nicht miteinrechnet, wie viel CO2 bei der Herstellung der Batterien und des Stroms, mit denen diese betankt werden, entsteht. Dabei sollte bei Vergleichen der verschiedenen Antriebsarten doch richtigerweise grundsätzlich immer nach der Well-to-Wheel (Enegiebereitstellung bzw. wörtlich: vom Bohrloch bis zum Rad)-Methode vorgegangen werden. Nur so wird die gesamte Wirkungskette für die Fortbewegung erfasst und damit auch die echte Klimabilanz für E-Autos offengelegt! Überhaupt, auch die Hersteller von Elektroautos selbst stehen auf wackeligen Füßen. Man denke an die Pleite des französischen Elektroherstellers Mia Electric vor ein paar Jahren oder jetzt an die Insolvenz des Aachener Unternehmens e.Go-Mobile. Auch die Tatsache, dass die Post bei ihrem Prestigeobjekt StreetScooter unlängst den Stecker gezogen hat, sich aktuell Byton oder Borgward mit ihren Stromern vom Markt verabschiedet haben, oder auch dass Dyson seine Pläne für ein Elektroauto gekippt hat, gibt zu denken. Mit den Kinderkrankheiten der E-Fahrzeuge muss sich ein CNG-Antrieb dagegen nicht groß aufhalten - im Gegenteil! Oder welcher Antrieb kann sonst von sich behaupten, dass für ihn vier Großballen Stroh (überschüssig, ein Reststoff) reichen, um einen Mittelklasse-Pkw ein Jahr lang kontinuierlich zu bewegen?! Also Schluss mit dem generellen Bashing des Verbrennungsmotors! Vielmehr fordere ich ein klares „Ja“ für den klimaneutralen grünen Verbrenner mit CNG und damit ein striktes „Nein“ gegen eine rigorose Verteufelung von Verbrennungsmotoren.
Zur Person:
Miklós Graf Dezasse
Diplom-Ingenieur
Präsident CNG-Club e.V. (März 2016 bis Mai 2023)