Die langfristige Reduzierung des CO2-Ausstoßes stellt eine der größten Herausforderungen dar, um den Klimawandel aufzuhalten. Diese Anforderung wird an alle energieverbrauchenden Sektoren gestellt. Nach einer Studie des Frauenhofer ISE, „Was kostet die Energiewende“ ist zum Beispiel der Sektor „Energiewirtschaft“ mit 45 %, der Sektor „herstellende Industrie und Bauwirtschaft“ mit 16 %, der Sektor „Straßenverkehr“ mit 19 % und der Sektor „Haushalte“ mit 13 % am CO2-Ausstoß beteiligt, um nur die größten Sektoren zu nennen.
Es müssen alle Sektoren an der Reduzierung des CO2-Ausstoßes beteiligt werden. Nicht nur der Straßenverkehr.
Doch wie?
Zur Zeit wird die Möglichkeit einer CO2-Steuer in der Politik und in den Medien diskutiert.
Doch diese Steuer ist das falsche Mittel, denn sie wirkt sich nicht direkt auf die CO2-Reduzierung aus, sondern nur indirekt durch eine Verteuerung des Energieträgers. Man geht also davon aus, dass man nur den Energieträger recht teuer machen muss, um dann den CO2-Ausstoß sofort zu senken. Doch dieser Ansatz funktioniert nicht und ist völlig ungerecht.
Warum?
Nun, in ein Wohngebäude wurde zum Beispiel eine neue und moderne Gasheizung eingebaut, die noch 20 – 30 Jahre funktionieren wird. Mit einer CO2-Steuer auf Gas müssten die Nutzer jetzt eine zusätzliche Abgabe bezahlen, ohne dass die Heizung weniger CO2 ausstoßen würde als zuvor. Dies betrifft auch alle Mieter, die in einer Wohnung mit Gasetagenheizung leben.
Das Gleiche gilt für das Auto: Ein heute erworbenes neues Auto läuft noch mindestens 10 Jahre. Mit einer CO2-Abgabe wird der Kraftstoff teurer. Das Auto wird deshalb aber auch nicht weniger Kraftstoff verbrauchen und CO2 ausstoßen als zuvor. Neufahrzeuge werden nach der EU Richtlinie 333/2014 ab dem nächsten Jahr indirekt sowieso mit einer zusätzlichen Abgabe belastet, denn jedes Fahrzeug, das mehr als 95 g CO2/km ausstößt, wird mit einer Strafe von 95 Euro/g CO2 zusätzlich belastet.
Das bedeutet, dass der Nutzer eine CO2–Abgabe bezahlen muss, ohne dass das Klima dafür einen Nutzen hätte.
Die folgende Abbildung 1 zeigt den Deckungsanteil der Wind- und Sonnenenergie an der Stromproduktion- und am Stromverbrauch in Deutschland für das Jahr 2018 mit Daten der Bundesnetzagentur1. Es wird deutlich, dass an Tagen mit geringem Wind- und Sonnenenergieanteil der Deckungsanteil teilweise nur 10% beträgt. Dieser Zeitraum mit geringem Deckungsanteil kann bis zu 8 Tage andauern. Er muss mit Strom, hergestellt aus Energieträgern und chemisch gebundenem Kohlenstoff, gepuffert werden.
Das bedeutet, dass es aufgrund des Ertrages der schwankenden Wind- und Sonnenergie eine Energiewende in Deutschland ohne synthetische und kohlenstoffbasierte Energieträger mit recyceltem Kohlenstoff nicht geben kann. Es wird ohne Power to X (X = Gas or Liquid) (PtX) keine Energiewende geben! Wie die FVV Kraftstoffstudie2 gezeigt hat, ist hierzu synthetisches Methan am besten geeignet.
Diese PtX-Energieträger beinhalten recycelten Kohlenstoff, der bei der Verbrennung wieder freigesetzt wird. Mit einer CO2-Steuer wird dieser Energieträger genauso mit der Steuer belastet wie das fossile Pendant, da sich beide Stoffe in der gleichen Leitung befinden.
Es macht doch keinen Sinn, diesen mit Aufwand aus erneuerbaren Energiequellen und recyceltem Kohlenstoff hergestellten Energieträger mit einer zusätzlichen Steuer zu belasten.
Der Hebel zur CO2 Reduzierung muss dort angesetzt werden, wo der fossile Kohlenstoff in Umlauf gebracht wird, also dem Energielieferanten.
Eine Waschmaschine kann beispielsweise CO2-frei mit grünem Strom betrieben werden oder mit CO2-behaftetem Strom aus Braunkohle. Ein Auto kann mit CO2-freiem synthetischen Methan (CNG) und recyceltem Kohlenstoff betrieben werden oder mit CO2-behaftetem, fossilem Erdgas/Benzin.
Das gleiche gilt für alle aus Erdöl hergestellten Produkte, insbesondere Kunststoffprodukte wie der Joghurtbecher, die Plastiktüte oder das Gehäuse eines Fernsehers. Auch sie können mit Energieträgern aus fossilem Kohlenstoff oder recyceltem Kohlenstoff hergestellt werden.
Schuld an der hohen CO2 Belastung ist also der Energieträger und nicht die mit ihm verbundene Anwendung.
Um nun den CO2-Ausstoß aller Sektoren zu reduzieren darf man also nicht die Anwendung mit einer CO2-Steuer bestrafen, sondern man muss den Energieträger bzw. das Ausgangsprodukt reglementieren. Daraus ergibt sich ein:
Verfahren zur sektorübergreifenden CO2-Reduzierung.
Bei einem gezielten Verfahren zur Reduzierung des fossilen Kohlenstoffanteils eines Energieträgers müsste dessen fossiler CO2-Footprint ab dem Jahre 2025 bis zum Jahre 2050 um 80% (100 %) reduziert werden (s. Abbildung 2). Das wären also 3,2% (4,0%) CO2-Reduzierung pro Jahr für alle Sektoren. Derjenige, der einen Energieträger in den Umlauf bringt, muss dafür Sorge tragen, dass sein Energieträger den für dieses Jahr vorgeschriebenen Footprint aufweist. Dabei muss auch der Beitrag zur Herstellung berücksichtigt werden. Dies ist insbesondere für den Energieträger „Elektrizität“ oder „Strom“ wichtig, denn der wird heute noch zu einem großen Teil aus Braun- und Steinkohle hergestellt.
Daraus ergeben sich beispielhaft die Werte entsprechend Tabelle 1.
Für den elektrischen Strom als Energieträger müsste zum Beispiel derjenige, der Strom aus Braunkohle erzeugt und bereitstellt, zusätzliche Windkraft – oder PV-Anlagen bauen, um dann im Mix seines erzeugten und gelieferten Stromes die entsprechende Forderung nach dem CO2-Footprint seiner Anlagen nachweisen zu können. Damit ergibt sich automatisch ein Kohleausstieg bei der Stromerzeugung.
Eine solche Vorgehensweise würde also nicht eine spezifische Technologie und Anwendung verbieten, sondern wäre ergebnisorientiert auf den CO2-Ausstoß gerichtet.
Natürlich wird der Energieträger dadurch teurer. Aber kalkulierbar. Wenn zum Beispiel synthetisches Benzin um 1,20 Euro pro Liter teurer wird4, dann sind das gerade mal effektiv 4,8 ct pro Liter bei einer Zumischung von 4 %. Wenn im Jahre 2030 dann 20 % synthetisches Benzin mit recyceltem Kohlenstoff zugemischt und damit 20 % CO2 eingespart werden würde, dann würden die Mehrkosten gerade mal 24 Cent pro Liter betragen. Das entspricht den normalen Preisschwankungen des Benzinpreises. Also durchaus machbar.
Damit entstünde… …ein Kohlenstoffhandel.
Es gibt noch weitere Vorteile: Dadurch, dass die Energielieferanten an einem möglichst niedrigen Preis für den recycelten Kohlenstoff interessiert sind, käme es zu einem Wettbewerb um die beste und wirtschaftlichste Technologie.
Die Vorgehensweise ist sozial verträglich. Dadurch, dass bestehende und günstige Technologien und Anwendungen weiterverwendet werden können, werden sich deren Anschaffungskosten nicht verteuern. Jeder kann, bezogen auf seine eigenen Bedürfnisse und Anforderungen, diejenige Technologie und denjenigen Energieträger verwenden, der für ihn passt.
Das ist nicht nur für jeden von uns besser, sondern auch volkswirtschaftlich sinnvoller.
Das bedeutet zusammenfassend, dass durch die Festschreibung zum CO2-Footprint eines Energieträgers sektorübergreifend die CO2-Emissionen in den Griff zu bekommen wären. Man könnte auf weitere CO2-Grenzwerte für die Anwendungen verzichten, da der Energieträger selbst bereits CO2 reduziert wäre.
Ökonomische Hebel würden über die Effizienz einer Anwendung und deren Technologie entscheiden.
Dieses Verfahren wäre einfach, zielführend und clever.
Eine CO2 Steuer ist nicht zielführend.
Zur Person:
Harry Schüle ist samt Familie langjähriger CNG-Fahrer. Mit großem Interesse für Mobilitäts- und Umweltthemen und dem Backround aus der Autobmobilindustrie hat er zu diesem Thema eine deutliche Meinung. Er freue sich über Feedback zu seinem Blogbeitrag. Kontakt möglich über den CNG-Club e. V.
1) Daten der Bundesnetzagentur: www.smard.de
2) FVV Kraftstoffstudie: https://www.fvv-net.de/medien/presse/detail/klimaneutral-in-die-zukunft/
3) WtT-CO2 from JEC V4 study 2013, Appendix 2
4) FVV Kraftstoffstudie: https://www.fvv-net.de/medien/presse/detail/klimaneutral-in-die-zukunft/ Min.-Kostenszenario FT-Gasoline