Herausforderungen bringen Bewegung ins Leben. Wenn man damit gleichzeitig Gutes tun kann, umso besser. Der Ukraine-Krieg begleitet uns nun schon über viele Monate. Jetzt steht der Winter vor der Tür und die Nachrichten der letzten Zeit sind deutlich schlechter geworden. Das brachte mich auf die Idee, drei Hilfsorganisationen in Bayern anzuschreiben und ihnen meine Unterstützung bei der Lieferung dringend benötigter Güter und Lebensmittel anzubieten.

Mein treuer Begleiter dafür: ein VW Caravelle T4 Bj. 1999 mit langem Radstand und zwei CNG-Tanks mit je 14 kg Kapazität, eingebaut im Fahrzeugheck. Wir haben das Auto 2016 gekauft, der Umbau auf CNG fand vermutlich sehr früh statt als der Wagen noch für die Stadt Rheine in Niedersachsen fuhr.

Geantwortet hat mir letztendlich nur "München hilft Ukraine e. V.", aber eine Organisation genügt ja für den Zweck. Daraufhin haben wir das Vorhaben besprochen und ich sollte Bescheid bekommen, sobald sie genügend Hilfsgüter beisammen haben.

 

Lagerbild

 

Das war noch nicht mal eine Woche später. Für die Fahrt hatte ich natürlich alle hinteren Sitze demontiert, dennoch wurden die Gesichter etwas lang, als die Helfer sahen, wie stark der Laderaum durch die Gastanks eingeschränkt war. Versöhnt wurden sie allerdings dadurch, daß trotzdem alles hineinpasste und sogar noch Platz für eine Matratze übrig war, die ich für die Rückfahrt mitnehmen wollte. An Bord waren jede Menge Kisten mit zwei großen und einem kleineren Stromgenerator, dazu Medikamente, Verbandsmaterial und Lebensmittel.

 

vollgepackt

 

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!

Am Abend des 14.12. um ca. 22:30 Uhr ging es in München los. Schnell noch ein paar Kilos in der Schenkendorfstraße getankt, die nächste Tankpause sollte erst südlich von Wien sein, in Margarethen am Moos mit BioCNG an einem Automaten für 1,50 €/kg. Leider wurden entgegen der Angaben in der gibgas-App (und auch vor Ort!) meine beiden EC-Karten nicht akzeptiert und so musste ich unverrichteter Dinge weiterfahren.
 

Margarethen am Moos

 

Bis Bratislava (Nord) ging mir dann natürlich das Gas aus und ich fuhr auf Benzin weiter. Zwischendurch habe ich noch über eine Stunde im Sitzen bis zum Morgengrauen schlafen können. Die nächste CNG-Tankstelle im slowakischen Liptowsky Mikulas hatte leider einen undichten Füllstutzen und ich brach daher den Tankvorgang bei ca. 15 kg ab.

 

Tanken

 

So viel war dann auch ungefähr im Tank drin, allerdings habe ich dort keine Quittung gezogen. Aber ich hatte sowieso keine andere Wahl. In Presov sollte die letzte Tankstelle auf meiner Route vor der Grenze nach Polen sein – doch dort befand sich leider nur ein LNG-Automat. Somit fasste ich nochmal 30 l Benzin, wenigstens für nur 1,50 €/l. Damit ging es dann nach Hurko in der Nähe des nächsten Grenzübergangs nach Lviv. Vor Ort hatte ich zunächst einige Probleme, den richtigen Bestimmungsort zu finden. Google Maps hatte mich doch glatt zur falschen Stelle geschickt, es waren in der Tat auch sehr winterliche Strassenverhältnisse. Letztendlich hat es aber doch noch geklappt und um ca. 18:00 Uhr konnte ich endlich ausladen!

 

winterliche Verhältnisse

 

Und nochmal das Ganze retour...

Im Anschluss fuhr ich die gleiche Strecke wieder nach Presov zurück. Zwischendurch konnte ich zweimal für ungefähr zwei Stunden Schlafpausen im Auto einlegen. Länger ging es wegen der Kälte einfach nicht. Die Route führte weiter über Poprad nach Martin, wo ich endlich wieder Gas tanken konnte. Dann folgte Bratislava mit der nächsten CNG-Station. Das letzte Mal tankte ich schließlich in Mühldorf – und hätte ich mich nicht unglücklicherweise zwischen Bratislava und Wien verfahren, hätte der CNG-Vorrat sogar bis dorthin gereicht. So musste ich zwischendrin notgedrungen doch noch einmal meine Benzinreserve dezimieren. Im heimischen München lief ich dann gegen 16:00 Uhr am 16.12. wieder ein – etwas erschöpft, aber auch glücklich.

 

Reiseroute Spreti

 

Fazit: In nicht einmal zwei Tagen bin ich tatsächlich über 2400 km gefahren, davon ca. 350 km mit Benzin. Die Hilfsgüter für die Ukraine habe ich bis kurz vor die polnisch-ukrainische Grenze nahe Lviv gebracht. Mein VW-Bus war auf der Hinfahrt wirklich proppenvoll. Die Ganzjahresreifen erwiesen sich auf der Fahrt wegen der Wetterverhältnisse teils als grenzwertig. BioCNG gab es leider nur in Deutschland, da der Automat südlich Wien leider keine EC-Karte akzeptiert. Aber die Technik meiner CNG-Caravelle hat wieder einmal einwandfrei funktioniert und die Herausforderung gemeistert. Gut, wenn ich damit etwas helfen konnte.

 

Update: 20.02.2023:

Ich hab's wieder getan:

Vom Freitag 17.02. bis Sonntag 19.2. erneut den T4 CNG mit Hilfsgütern vollgeladen und bis zur ukrainischen Grenze gefahren. Anschließend mit etwas Schlaf im Heck zurück.

Es waren dabei: 5 Stromgeneratoren, 3 Ultraschallgeräte und dazu viele Kisten mit Medikamente, Verbands- und Nahtmaterial, Powerbanks und Schlafsäcke.

Fast 2400 km in 48 Std gefahren, 146 kg CNG für 210 € und 15 l Benzin verbraucht.  Diesmal habe ich zusätzlich die Grenzformalitäten auf mich genommen: 3 Stunden hinwärts und 2 Stunden zurück! Ursprünglich wollte ich die Ladung in Lviv zur Verteilung im Land bringen. Meine Partner bei MHU (München hilft Ukraine e.V.) haben es aber doch noch geschafft, daß der Transfer direkt hinter der Grenze erfolgen konnte. Vielen Dank an alle Beteiligten!

 

Kosice

 

Zur Person:

Marcus von Spreti arbeitet in der Automobilbranche, ist leidenschaftlicher CNG-Fahrer und passend dazu Italien-Fan. Zum Familienfuhrpark gehört noch ein älterer Passat TSI EcoFuel. Die Begeisterung für den CNG-Antrieb konnte er innerfamiliär bereits weitergeben. Für seine weitere Leidenschaft geht er auch gerne mal in die Luft – mit Kleinflugzeugen.

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